
Fachexkursion zur Fernwärme nach Dänemark
Wie gelingt eine erfolgreiche Wärmewende – und was können deutsche Städte und Energieversorger dabei von Dänemark lernen?
Unsere Averdung-Expert:innen Lena Mierendorff (Quartiersnetze, Sektorenkopplung) und Herbert Krieger (Transformation von Wärmenetzen) waren im Mai auf Fachexkursion in Dänemark. Organisiert wurde die Reise vom Trade Council of Denmark in Germany und dem Danish Board of District Heating (DBDH).
Im Interview berichten sie, warum Fernwärme in Dänemark funktioniert – und welche Lösungen auch für die Transformation deutscher Wärmenetze interessant sind.
Dänemark als Vorbild: Wie funktioniert die Wärmewende dort?
Redaktion:
Ihr seid von Eurer Fachexkursion aus Dänemark zur Wärmewende zurück und hattet bereits ein bisschen Zeit, Resumée zu ziehen.
Was macht Dänemark besser?
Herbert Krieger: Dänemark hat schon sehr früh aus der Ölkrise die richtigen Schlüsse gezogen und konsequent auf den Ausbau von Wärmenetzen gesetzt. Während in Deutschland eher Gasnetze ausgebaut wurden, hat Dänemark seit den 1970er-Jahren eine verbindliche Wärmeplanung eingeführt, die für alle Städte verpflichtend ist. Außerdem sind fossile Heizungen seit 2013 im Neubau verboten und seit 2016 auch in Bestandsgebäuden. Dadurch werden heute etwa 70 Prozent der Haushalte in Dänemark über Fernwärme versorgt – in Deutschland liegt dieser Anteil erst bei rund 15 Prozent. Da gibt es also noch einiges aufzuholen.
Lena Mierendorff: Ich finde besonders beeindruckend, wie stark der politische und gesellschaftliche Konsens über Klimaneutralität in Dänemark ist. Das zeigt sich auch in der pragmatischen Zusammenarbeit aller beteiligten Akteur:innen. Was mich zudem überzeugt hat, ist die Vielzahl genossenschaftlicher Ansätze dort, etwa genossenschaftlich organisierte Wärmenetze. Das schafft einen schnellen und gemeinwohlorientierten Zugang zur Wärmeversorgung.
Kannst Du Beispiele nennen?
LM: Ein sehr gutes Beispiel ist die Wärmegenossenschaft für Fernwärme in Horsens. Sie ist mit rund 470 Gigawattstunden jährlich die größte verbrauchereigene Fernwärme-Genossenschaft Dänemarks. Sie arbeitet komplett non-profit, das heißt kostendeckend, und kann deshalb große Mengen Wärme zu sehr günstigen Preisen bereitstellen.
HK: In Sonderburg haben wir außerdem einen gemeinschaftlichen Ansatz kennengelernt, der nicht genossenschaftlich organisiert ist, aber sehr wirkungsvoll. Dort verfolgt das Programm „ProjectZero“ den nachhaltigen Dreiklang aus Reduktion, Wiederverwendung und nachhaltiger Produktion. Beeindruckend war, wie die gesamte Bevölkerung einbezogen wird – selbst Banken und Gasversorger engagieren sich aktiv. Man bekommt den Eindruck, dass wirklich alle an einem Strang ziehen.


Dänemark ist auch bekannt für seine technische Expertise. Habt Ihr da Inspirationen mitgebracht?
LM: Wir sind mit Großwärmepumpen schon gut vertraut und arbeiten aktuell an der Wärmeversorgung eines Quartiers in Neustadt in Holstein, wo erstmals in Deutschland eine Meerwasserwärmepumpe in einem größeren Wärmenetz zum Einsatz kommt. Die Reise nach Dänemark hat nochmal verdeutlicht, welche Rolle Großwärmepumpen im Wärmesystem haben und so zu einer ressourcenschonenden und nachhaltigen Wärmeversorgung beitragen. Die Technik ist erprobt und ausgereift. Besonders spannend ist der Trend zu CO₂-Wärmepumpen, da sowohl CSP Aalborg als auch Fenagy diese Technologie künftig verstärkt nutzen wollen. Diese CO2-Wärmepumpen zeichnen sich durch ihre schnelle und flexible Regelbarkeit aus: Sie können innerhalb von Minuten ein- oder ausgeschaltet werden. Das macht sie besonders geeignet für die Teilnahme am Strommarkt. Um das Potential von Wärmepumpen voll auszuschöpfen, wird sehr darauf geachtet, die Temperaturen abzusenken. Rücklauftemperaturen von 45°C bis 50°C in normalen Wärmenetzen sind üblich. Das wird durch entsprechende Anreizmodelle direkt vom Wärmeversorger an den Wärmekunden unterstützt.
HK: Für mich war auch die Digitalisierung der Wärmenetze ein wichtiger Impuls. Wir haben Softwarelösungen gesehen, die Wärmeerzeugung, Netzbetrieb und Regelung intelligent verknüpfen, um Druck und Temperatur im Netz optimal zu steuern. Diese digitale Vernetzung ist ein zentraler Baustein für die Transformation hin zu effizienten Wärmenetzen. Wir integrieren diese Erkenntnisse konsequent in unsere Planungen.
Zum Abschluss: Habt Ihr Empfehlungen für alle, die sich intensiver mit der dänischen Wärmewende beschäftigen wollen?
LM: Auf jeden Fall! Ich empfehle den Podcast „Sound of Green – Making green heat mandatory“. Er erzählt sehr anschaulich die Geschichte der dänischen Wärmeplanung und ist ideal für alle, die sich vertiefend mit den Hintergründen der Wärmewende unseres Nachbarn beschäftigen möchten.
Fazit: Wärmewende braucht Mut, Struktur – und gemeinsame Ziele
Die Exkursion hat uns gezeigt: Dänemark beweist, wie Wärmeinfrastruktur, Sektorkopplung und Digitalisierung zusammenspielen können. Die Transformation von Wärmenetzen gelingt dort durch klare politische Rahmenbedingungen, gemeinschaftliche Organisation und den konsequenten Einsatz effizienter Technologien. Diese Impulse fließen direkt in unsere Projekte ein – in Quartierskonzepte, Wärmenetztransformation und Machbarkeitsstudien.
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