Kreislaufgerechtes Bauen und BIM (Building Information Modeling) sind die Schlüsselthemen einer zukunftsfähig aufgestellten TGA. Gerade fand die zweitägige Fachkonferenz des VDI-Tages zu diesem Thema statt. Ein Interview mit Averdung-Experte Christian Herbst, Workshopleiter des VDI-Spezialtages.
A: Christian, BIM und kreislaufgerechtes Bauen gehören für Dich unmittelbar zusammen. Der VDI hat diesen Themen eine zweitägige Konferenz gewidmet, bei der Du einen Spezialtag ausgerichtet hast. Du bist gerade zurück. Was sind Deine Eindrücke?
CH: BIM und kreislaufgerechtes Bauen beschäftigen mich in der Praxis schon eine Weile. Als BIM-Fachkoordinator kenne ich die Schwierigkeiten, aber auch die Chancen, die sich im Zusammenspiel ergeben. Die Verknüpfung dieser beiden Themen ist zukunftsrelevant für eine nachhaltige TGA. Mein Eindruck ist, dass das bereits viele erkannt haben, wir aber noch viel Austausch aus der Praxis benötigen.
A: Warum ist kreislaufgerechtes Bauen so wichtig? Was sind die Herausforderungen?
CH: Wenn wir weiter komfortabel leben wollen, müssen wir unsere Klimaziele unbedingt erreichen. Das geht nur über die Schonung unserer Ressourcen. Die Baubranche spielt eine elementare Rolle: Sie produziert etwa 55% des jährlichen Gesamtaufkommens an Abfällen in Deutschland – nach Gewicht. Das sind Ressourcen, die gar nicht oder nur schlecht wiederverwendet werden können.
Kreislaufgerechtes Bauen heißt, dass bereits in der Planung von neuen Gebäuden die Wiederverwendbarkeit der Materialien nach Abriss oder Rückbau bedacht wird. Wir sprechen da über einen Zeitraum von 50 bis 80 Jahren und mehr. Damit hat das gesamte Planungsteam schon heute die schwierige Aufgabe sicherzustellen, dass die Nutzung des Gebäudes als zukünftige Ressource in einigen Jahrzehnten möglich ist.
A: Wie schätzt Du die Entwicklung insgesamt ein? Sind wir auf guten Weg?
CH: Die Branche ist auf dem Weg, aber nur langsam. Und dies obwohl wir bereits bis 2050 klimaneutral werden wollen, was schon lange mitten im Nutzungszeitraum aktuell gebauter Gebäude liegt.
Auf dem Markt gibt es aktuell diverse Ansätze, Bauprojekte bereits in der Planungsphase naturverträglicher zu gestalten. In der Vergangenheit wurde dabei besonders der Nutzungszeitraum der Gebäude betrachtet. Es wurden Wärmeversorgungssysteme, die auf Grundlage erneuerbarer Energien arbeiten, eingesetzt und bspw. Photovoltaik ausgebaut.
Gebäude wurden damit über den Nutzungszeitraum klimaneutral oder klimapositiv.
Zeitverzögert wurde der Fokus weiter auf die Graue Energie gelenkt. Die Energie, welche im Rahmen der Bauteilproduktion und Verarbeitung, noch vor Beginn des Nutzungszeitraum für das Gebäude, aufgewendet wird, rückt nach und nach in den Fokus.
Doch selbst mit einer Minimierung der Grauen Energie und des Energiebedarfs im Nutzungszeitraum, fehlen uns entscheidende Betrachtungen für ein zukünftig kreislauffähiges Gebäudeportfolio.
A: Und da kann die Verknüpfung mit BIM helfen? Wie?
CH: Die Ansätze zum kreislaufgerechten Bauen legen einen besonderen Fokus darauf, Bauteile zu verwenden, die sich nach dem Nutzungszeitraum wieder sortenrein trennen und wiederverwenden lassen. Dafür muss bereits in einer frühen Planungsphase entschieden werden, welche Gebäudebauteile den Anforderungen entsprechen. Dies wird aktuell zum Beispiel im QNG und den DGNB-Zertifizierungen formuliert und stetig verbessert. Damit lassen sich im Rahmen der Planungsphase bereits Ausführungsarten vergleichen und abwägen, welche Variante aus ökologischer Sicht zu bevorzugen ist.
Aber natürlich müssen diese Informationen in ihrer Gesamtheit ab der Planungsphase bis zum Abbruch des Gebäudes erhalten bleiben, also über gewaltigen Zeitraum hinweg. Und da bietet die BIM-Methode eine ideale Grundlage.
Building Information Modeling (BIM) ist der ganzheitliche Prozess zum Erstellen und Verwalten von Informationen für ein Bauobjekt. Es geht darum, Informationen digital gesamtheitlich zu erfassen und für den zukünftigen Nutzungszeitraum und den Rückbau bereitzustellen. Dies bereits in der Planung anzuwenden ist elementar wichtig, um Informationen von Anfang an zu erhalten.
Damit spielt die BIM-Planung eine Schlüsselrolle für die gesamte Baubranche. Doch auch wenn BIM als Methode bereits seit vielen Jahren in Deutschland Bekanntheit erlangt, konnte es sich bisher nur in Nischen etablieren. Deshalb engagieren wir uns in Workshops und Vorträgen, damit die Chancen der BIM-Methode das kreislaufgerechte Bauen ermöglichen. Für eine sichere und lebenswerte Zukunft.
A: Vielen Dank, Christian!
Bei Interesse und für Fragen zu BIM in Verbindung mit kreislaufgerechtem Bauen wenden Sie sich gern an Christian Herbst.